Genauso wie ich einen Mentor hatte, nämlich Jean-Claude Dysli, so hatte auch Jean-Claude einen Mentor, Tom Dorrance. Doch nicht nur Tom Dorrance, sondern einige weitere außergewöhnliche Menschen, unter anderen Jean-Claudes Großvater wie auch Freddy Knie, Ray Hunt sowie George und Harry Rose nahmen enormen Einfluss auf Jean-Claudes reiterliche Entwicklung. Nicht allein diese Lehrmeister sondern auch die Pferde selbst, machten Jean-Claude zu dem Horseman, den ich 24 Jahre meinen Freund und Mentor nennen durfte.
Ebenso wie Jean-Claude immer Respektvoll seine Lehrmeister als Ursprung, als Inspiration seines Wissens, Könnens und seiner Philosophie genannt hat, so bin auch ich stolz, Jean-Claude als denjenigen bezeichnen zu können, welcher den größten Einfluss auf meine reiterliche Entwicklung genommen hat. Aber, und das ist meiner Meinung nach entscheidend, er hat mich nicht nur als Reiterin, Trainerin und Lehrerin geprägt, sondern vor allen Dingen als Mensch.
Jean-Claude sagte immer dass wir unser Leben lang nicht auslernen. Aus diesem Grund schaue auch ich immer wieder über den Tellerrand. Abgesehen von der Reitweise, wie Jean-Claude sie mich gelehrt hat, habe ich Interesse an den höheren Lektionen der Doma Vaquera, wie sie z.B. anschaulich durch Manuel Jorge die Oliveira unterrichtet werden. Genauso „zu Hause“ fühle ich mich auf einem Camargue Pferd welches traditionell gesattelt und gezäumt ist.
Sei es die altkalifornische Reitweise, die Doma Vaquera oder die Camargue Reitweise, eines haben sie alle gemeinsam, sofern sie nicht zu Showzwecken entfremdet werden, es sind Arbeitsreitweisen.
Aber, egal welches Pferd, egal welche Reitweise, es existiert eine Basis welche unabdingbar ist für ein Pferd welches nicht abgerichtet sondern ausgebildet wird und diese beruht auf den elementaren Punkten:
Balance – Feeling – Timing
und diversen Grundübungen welche Jean-Claude mich gelehrt hat:
- Direkte Biegung
- Indirekte Biegung
- Vertikalkontrolle
und viele mehr, deren Aufzählung und Erklärung nun hier den Rahmen sprengen würde.
Können diese Grundübungen von Reiter und Pferd exakt ausgeführt werden, bilden sie die Basis für das Training der höheren Lektionen. Natürlich muss im weiteren Verlauf das Exterieur und Interieur des Pferdes berücksichtigt werden. Allerdings spielt es keine Rolle welche „Reitweise“ eingeschlagen werden soll, funktionieren doch die Pferde in ihrer Biomechanik alle gleich.
Ziel ist ein Pferd welches sich am losen Zügel und zwischen den Schenkeln „einspannen“ lässt, sein Gewicht auf die Hinterhand verlagert, leicht und locker in der Schulter ist und sich vertrauensvoll und willig über die Gewichtshilfen lenken lässt.
Dabei spielt die Reitweise keine Rolle.
Zitat Jean-Claude Dysli: „Wir reiten keinen Stil, wir reiten alle Pferde.“
Aus diesem Grunde ist die Harmonie zwischen Pferd und Reiter für mich oberstes Gebot. Wobei Harmonie nicht bedeutet das Pferd zu verhätscheln. Ich behaupte das Harmonie mit liebevoller Konsequenz erreicht wird. Sowohl beim täglichen Umgang, wie auch bei der Bodenarbeit und der Arbeit aus dem Sattel.
Allerdings muss jeder sich darüber im Klaren sein das dieser Weg eine lange Zeit in Anspruch nimmt. Ausbilden benötigt, im Gegensatz zum Abrichten, nun einmal Zeit!
Um dies zu erreichen muss natürlich auch der Reiter die entsprechenden Voraussetzungen mitbringen, womit wir bei
Balance – Feeling – Timing
wären.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Reiter schief sind … und es nicht merken! Zurückzuführen ist dies unter anderem auf eine einseitige Belastung im Alltag. Ziel ist es also diese „Schiefe“ – ggf. unter Zuhilfenahme eines Physiotherapeuten – zu beseitigen. Ein „schiefer“ Reiter ist nicht in der Lage in Balance zu sitzen und über diese Balance sein Pferd zu reiten. Ebenso bleibt es ihm verwehrt jemals das richtige Feeling zu entwickeln geschweige denn den Punkt für das richtige Timing herauszufinden.
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien bezieht sich bei meiner Arbeit die Ausbildung, Weiterbildung oder auch Korrektur immer auf Pferd und Reiter.